Immer weniger Vögel in Deutschland

Das ist die Kernaussage einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen. Danach ist die Zahl der Brutpaare in den ländlichen Gebieten der EU in den letzten 30 Jahren um 57% zurückgegangen! Dies berichten am 4. Mai mehrere Nachrichtendienste, u.a. der Spiegel.



Vorsicht bei der Heckenpflege!

Amselnest (RM)
Amselnest (RM)

Das feuchte Frühjahr lässt auch in Rheinhessen und dem Naheland Sträucher und Bäume üppig sprießen. Da möchte mancher Gartenfreund voll Ungeduld zur Heckenschere greifen, um der Unordnung Herr zu werden. Doch der NABU mahnt zur Vorsicht:

„Im Juni gibt es bei vielen Singvögeln wie Amsel, Buch- und Grünfink eine zweite Brut. Wer dann seine Sträucher schneidet, riskiert den Vogelnachwuchs“, betont Rainer Michalski von der NABU-Regionalstelle Rheinhessen-Nahe. Es fehle der Wetterschutz und Beutegreifern würde die Suche nach Gelegen leicht gemacht, wenn schützende Zweige weggeschnitten werden.“

Wer erst ab Juli schneide, spare auch Arbeit, so der Naturschützer. Die Pflanzen befänden sich im Frühsommer im zweiten Wachstumsschub. Wer zu früh die Heckenschere auspackt, müsse sie deshalb nochmal einsetzen.

„Auf jeden Fall gehört für Naturfreunde vor dem Schnitt die intensive Suche nach belegten Nestern dazu. Denn selbst im Juli findet man noch frische Gelege“.

R. Michalski.


Besser sitzen lassen - Jungvögel sind selten allein

junges Rotkehlchen (VB)
junges Rotkehlchen (VB)

Zurzeit tschilpt und piept es überall. In Nistkästen, Bäumen und Gebüschen bettelt der Vogelnachwuchs mit zarten Stimmchen vehement um Futter. Viele Jungvögel haben das sichere Nest sogar schon verlassen. In der NABU-Regionalstelle Rheinhessen-Nahe häufen sich nun die Anrufe gutwilliger Naturfreunde, die vermeintliche Vogelwaisen aufgelesen haben. Doch sind solche Findlinge wirklich verlassen?

Meist trügt der Schein: „Die Jungen vieler Vogelarten verlassen ihr Nest bereits, bevor ihr Gefieder vollständig ausgebildet ist und verteilen sich in der nahen Umgebung, um weniger Aufmerksamkeit zu erregen. Mit den Eltern stehen sie durch leise Rufe in Kontakt“, erklärt Regionalstellenleiter Rainer Michalski. Auch wenn die Eltern nicht in Sicht sind – sie hockten meist gut versteckt in Sichtweite und warteten nur, bis sich der menschliche Beobachter entfernt, um weiter füttern zu können. Hilfe sei hier unnötig.

„Lediglich wenn Gefahr im Verzug ist, sollte man eingreifen und Jungvögel an einem geschützten Platz nahe am Fundort wieder absetzen. Man könne sie dabei ohne weiteres in die Hand nehmen, denn der fremde Geruch wird von den Vogeleltern nicht wahrgenommen. Selbst nackte Vogelkinder kann man problemlos wieder in ihr Nest zurücklegen“.

Nur ganz selten seien Jungvögel tatsächlich verlassen. Erst wenn nach mehrstündiger, intensiver Beobachtung kein Zweifel besteht, dass das Junge nicht mehr von den Eltern versorgt wird, könne der Findling in Obhut genommen werden.

"Wer einen Jungvogel aufnimmt sollte sich darüber im Klaren sein, dass die Aufzucht zeitaufwändig ist. Hinzu kommt die Vorbereitung auf das Leben in freier Natur. Auch mit viel Engagement kann die Fürsorge der echten Vogeleltern niemals vollständig ersetzt werden. Die Handaufzucht ist immer nur die zweitbeste Lösung!“, appelliert Michalski abschließend. Die beste Hilfe Vögel sei immer noch der Schutz durch naturnahe Gartengestaltung. Denn in so einem lebensfreundlichen Umfeld finden sie auch bei ihren ersten Ausflügen ausreichend Deckung.

Wer sich näher über die Vögel im Siedlungsumfeld und ihre Bedürfnisse informieren will, kann gegen Einsendung von vier Briefmarken zu 80 Cent an die NABU-Regionalstelle Rheinhessen-Nahe, Langgasse 91, 55234 Albig die informative Farbbroschüre „Vögel im Garten“ bestellen.

 

Rainer Michalski

NABU-Regionalstelle Rheinhessen-Nahe

Langgasse 91

55234 Albig

Tel. 06731 547566

Fax 06731 547565

 


Schneegestöber zur Jahrmarktszeit?

Das wohl nicht, obwohl man im ersten Moment genau diesen Eindruck haben konnte:

Nach Einbruch der Dunkelheit konnte man auf dem vorigen Kreuznacher Jahrmarkt Mitte August 2010 ein ganz besonderes Schauspiel erleben. Vom gleißenden Licht der vielen Lampen angezogen, tanzten und taumelten Abertausende von weißen Insekten in den Scheinwerfer­strahlen, so dass man im ersten Moment wirklich an ein dichtes Schneetreiben denken konnte.

Die Insekten, die hier an warmen Augustabenden immer in der Nähe von Fließgewässern zu schwärmen beginnen, gehören zu der Familie der Eintagsfliegen und werden im Volksmund „Uferaas“ oder „Weißwurm“, wissenschaftlich Ephoron virgo genannt.

Das Uferaas ist die einzige einheimische Eintagsfliegen-Art mit milchweißen, reich geäderten Flügeln. Das Tier ist rund 2 cm groß, die fadenartigen Körperanhänge können zusätzlich bis zu 3 cm lang werden.

Berühmt ist Ephoron virgo für seine Flugnächte, die an einem warmen Abend im August beginnen. Gegen Abend steigen dichte Wolken von frisch geschlüpften Tieren aus dem Wasser und schweben wie Nebelschleier über dem Wasser auf und nieder. Sofort ergreifen die Männchen mit ihrem langen vorderen Beinpaar die Weibchen in der Luft, um sie zu begatten. Bald darauf beginnen die Weibchen mit der Eiablage in das Gewässer. Damit ist die Aufgabe der geschlechtsreifen Tiere erfüllt und Männchen wie Weibchen sinken tot zu Boden. Schon bald nach Mitternacht ist keines der Tiere mehr am Leben.

So läuft der Lebenszyklus von Ephoron virgo ab: Die aus dem Ei schlüpfende Larve häutet sich mehrmals und wächst dabei heran. Die Larven lieben saubere, langsam fließende Gewässer mit schlammigen oder sandigen Ablagerungen. Mit ihren geweihartigen Kieferhörnern graben sie einen U-förmigen Gang in den Boden des Gewässers. Mit Hilfe eines dichten Haarfilzes an Kopf und Vorderbeinen filtrieren sie von dort aus ihre Nahrung aus dem Wasser. Nach ein bis zwei Jahren und mehreren Häutungen reifen die Larven zu Nymphen heran. Dabei werden schon die Mundwerk­zeuge zurückgebildet. Aus der Nymphe schlüpft das Subimago, das nun schon Flügel trägt, und aus diesem nach ganz kurzer Zeit das geschlechtsreife Tier, wobei – einmalig im Insektenreich – auch die Flügel gehäutet werden. In der Regel wird noch am gleichen Abend die Paarung in der Luft vollzogen.

Die Eintagsfliegen tragen ihren deutschen Namen wirklich zu recht, denn das geschlechtsreife Tier lebt nur wenige Stunden. Es hat auch gar keine funktionsfähigen Mundwerkzeuge mehr, um Nahrung aufzunehmen, und mit ihren zarten Beinchen können sich die auch Tiere nirgendwo festklammern.

Von Dr. Arne Haybach (Büro für Hydrobiologie in Mainz) haben wir noch folgende interessante Information erhalten:

Bei den Massenflügen, die wir am Jahrmarktsmontag beobachten konnten, handelt es sich - streng genommen - nicht um den Paarungsflug (der findet nur über dem Gewässer statt), sondern darum, dass die bereits befruchteten Weibchen bei ihrem Flug flussaufwärts, um die Eier abzulegen, von den Lampen am Ufer, besonders aber an den Brücken, angezogen werden und sich dort zu Tode fliegen. Abhilfe würde Gelblicht in Ufernähe und auf Brücken schaffen. Und als gute Tat sollten die Kadaver, an denen ja noch die Eier kleben, ins Wasser geworfen werden, damit sich wenigstens ein Teil wieder entwickeln kann und der Lebenszyklus von Ephoron virgo, dem Uferaas, nicht unterbrochen wird.


Barbara Albrecht und Jutta Maus